Erzbistum Paderborn
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Hauptberufliche Klinikseelsorge. Eckpunkte

Diözesangesetz vom 14. November 2013

in: KA 156 (2013) 175-177, Nr. 169

Diese Eckpunkte umschreiben die Seelsorge in den Krankenhäusern sowie in den Kur- und Reha-Kliniken im Erzbistum Paderborn. Der Begriff „Klinikseelsorge“ bezeichnet dabei sowohl die Seelsorge in den Krankenhäusern als auch in den Einrichtungen der Rehabilitation und der Anschlussheilbehandlung.
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1. Leitgedanken

1.1
Die Sorge um Kranke und Notleidende ist wesentlicher Auftrag der Kirche.
Dabei bezeugt sie die Heils- und Heilungskraft der frohen Botschaft von Jesus Christus.
Als spezielle Form der Seelsorge weist die Klinikseelsorge dabei auf die umfassende Liebe Gottes zu den Menschen hin, besonders zu den an Körper, Geist und Seele Erkrankten. Sie orientiert sich am Handeln Jesu, der sich berühren ließ von den Kranken, sie selbst berührte und sich ihnen persönlich zuwandte. Er offenbart uns damit einen Gott, der den Menschen Ansehen gibt und ihr Heil will.
1.2
Die Klinikseelsorge erinnert daran, dass sich der christliche Glaube vom Ursprung her auch als therapeutische Kraft versteht. „Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken“ (Lk 5,31): „Kranken und behinderten Menschen wollen wir im Geist des Evangeliums verlässlich zur Seite stehen und uns für würdige Lebensbedingungen und eine Begleitung einsetzen, die den Namen ‚menschlich‘ verdienen“ (Perspektive 2014, S. 18).
1.3
In den Pastoralen Räumen sind die Kliniken exponierte Orte der Konfrontation von Existenz und Evangelium. Damit bieten sich hier besondere Chancen, aber auch besondere Herausforderungen für die pastorale Arbeit. Diesen stellt sich das Erzbistum als Träger der Klinikseelsorge durch speziell ausgebildete Seelsorgerinnen und Seelsorger.
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2. Selbstverständnis

Klinikseelsorge
  • bezeugt einen liebenden und solidarischen Gott, der das Leid der Menschen mitträgt.
  • vertraut auf die Wirklichkeit Gottes, dessen Verborgenheit sie aushält und dessen liebevolle Nähe sie bezeugt.
  • ist überzeugt, dass Heil – im Sinne von Ausgesöhntsein – geschehen kann, selbst wenn Heilung nicht möglich ist.
  • sieht den Menschen als Ebenbild Gottes und achtet die Würde des Menschen von seinem Anfang (Zeugung) bis zu seinem Ende (Tod).
  • würdigt die je eigene kulturelle, konfessionelle und religiöse Prägung und Praxis der Menschen, respektiert ihre Lebensdeutung und unterstützt die persönliche Selbstbestimmung.
  • ist ein Angebot der Kirche für alle Patientinnen und Patienten, Angehörige und Mitarbeitende im Klinikum.
  • sucht mit Menschen in der Klinik nach Quellen der Hoffnung und nach Hilfen zur Bewältigung ihrer Situation.
  • verkündet den dreifaltigen Gott im Wort und im Sakrament.
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3. Rahmenbedingungen für den Dienst als Seelsorgerin und Seelsorger

3.1
Persönliche und fachliche Voraussetzungen
Neben der aktiven Zugehörigkeit zur katholischen Kirche bedarf es folgender persönlicher und fachlicher Voraussetzungen:
  • Verwurzelung in Glaube und Kirche,
  • Kontakt- und Kooperationsfähigkeit, Verschwiegenheit,
  • anerkannte theologische oder religionspädagogische Ausbildung,
  • mindestens dreijährige Seelsorgeerfahrung,
  • Bereitschaft, sich auf eine Fremdinstitution einzulassen,
  • Grundlagenkurs Krankenhausseelsorge oder vergleichbare Ausbildung mit vierwöchigem Pflegepraktikum, Gesprächsführungskurs und Supervision (KSA, Heilende Seelsorge, Trauerbegleitung, Palliative Care oder Vergleichbares),
  • Grundkenntnisse von Krankheitsbildern und -verläufen, von medizinischen Fragestellungen und Krankheitsstrukturen,
  • Spezialkenntnisse für Sonderbereiche, z.B. Psychiatrie, Palliative Care, Ethik,
  • Bereitschaft zu Fortbildung und Supervision,
  • Teilnahme an der Konferenz der Klinikseelsorgerinnen und Klinikseelsorger,
  • Mitarbeit in konfessionellen und ökumenischen Arbeitsgemeinschaften/Konventen der Klinikseelsorge und in Regionalgruppen,
  • Mitarbeit und Vernetzung im Pastoralen Raum und Dekanat.
3.2
Bedingungen für die Arbeit in der Klinik
Für eine gelingende Seelsorge sind folgende äußere Bedingungen anzustreben:
  • Beauftragung mit definiertem prozentualen Anteil für die Klinikseelsorge,
  • Aufgabenumschreibung in Abstimmung mit dem Diözesanbeauftragten (vgl. 6.1),
  • Möglichkeiten zum Feiern von Gottesdiensten,
  • Möglichkeiten zum Führen von seelsorglichen Gesprächen idealerweise in einem eigenen Dienstzimmer für die Seelsorge,
  • Nutzung von Kommunikations- und Arbeitsmitteln,
  • Zugang zu für die Seelsorge relevanten Informationen und Daten im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen,
  • offizielle Einführung und Verabschiedung.
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4. Grundhaltungen der Seelsorgerinnen und Seelsorger

4.1
Im Blick auf die eigene Person
  • eine eigene Spiritualität pflegen,
  • mit der eigenen Endlichkeit und Begrenztheit umgehen,
  • auf die eigene Psychohygiene achten,
  • sich und die eigene Praxis reflektieren.
4.2
Im Blick auf andere
  • sich einfühlen,
  • zuhören und kommunizieren,
  • Nähe und Distanz ausbalancieren,
  • den Weg, die Erfahrung, den Ausdruck und die Ressourcen anderer respektieren,
  • bei der Lebensdeutung, Sinn- und Hoffnungssuche zur Seite stehen,
  • trösten und ermutigen, in Leid und Konflikten begleiten,
  • annehmend und konfrontierend dem anderen begegnen.
4.3
Im Blick auf den Glauben
  • biblische Worte und Bilder deutend ins Gespräch bringen,
  • bei der Suche nach religiösen Wurzeln und Kraftquellen zur Seite stehen,
  • personen- und kontextbezogen Liturgie feiern.
4.4
Im Blick auf die Institution Klinik
  • Wahrnehmen der Unternehmens- und Kommunikationskultur,
  • unabhängig und eigenständig Seelsorge gestalten,
  • eine konstruktiv-kritische Distanz leben.
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5. Aufgaben

  • kranke Menschen besuchen,
  • seelsorgliche Gespräche anbieten und führen,
  • Kranke, Sterbende und Trauernde begleiten,
  • Krisenintervention,
  • Rituale, Gebet, Segen, Meditation, Bibelarbeit, Gottesdienste und Sakramentenspendung nach Maßgabe des kirchlichen Rechts,
  • ökumenische Zusammenarbeit,
  • Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen im Klinikum,
  • Abstimmung mit Klinikleitung und Verwaltung,
  • Mitwirkung in Gremien für ethische Fragestellungen,
  • Mitarbeit bei der Aus-, Fort- und Weiterbildung des Klinikpersonals und Unterricht an Krankenpflegeschulen,
  • Kooperation mit den jeweiligen Pastoralen Räumen,
  • Gewinnung, Schulung und Begleitung von ehrenamtlichen Mitarbeitenden,
  • andere zur Begleitung befähigen,
  • Beziehungen zu unterstützenden Einrichtungen und Initiativen außerhalb des Klinikums pflegen,
  • Erreichbarkeit für Patientinnen und Patienten, Angehörige und Mitarbeitende gewährleisten,
  • Öffentlichkeitsarbeit.
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6. Organisation auf Bistumsebene

6.1
Der Erzbischof ernennt einen Diözesanbeauftragten oder eine Diözesanbeauftragte für die Krankenhausseelsorge und einen Diözesanbeauftragten oder eine Diözesanbeauftragte für die Seelsorge in Kur- und Rehakliniken. Beide sind der Hauptabteilung Pastorale Dienste, Abteilung Gemeinde- und Erwachsenenpastoral des Erzbischöflichen Generalvikariats zugeordnet.
6.2
Ein Stellenplan ist auf Diözesanebene vorhanden und wird von den Diözesanbeauftragten aktualisiert. Alle Stelleninhaber und Stelleninhaberinnen bilden die Konferenz der Klinikseelsorge. Der Generalvikar erlässt eine Ordnung für die Konferenz der Klinikseelsorge.
6.3
Jährlich finden Studientage der Klinikseelsorge unter Verantwortung der Diözesanbeauftragten statt.
6.4
Die Seelsorger und Seelsorgerinnen in Kur- und Rehakliniken treffen sich zudem gesondert als Fachgruppe.
6.5
Angeregt werden Arbeitsgruppen zu speziellen Themen und Regionalgruppen zur kollegialen Beratung.
6.6
Fortbildung und Supervision wird im Rahmen der Regelungen des Erzbistums gewährt.
6.7
Die finanzielle Ausstattung der Klinikseelsorge erfolgt aus dem Erzbistumsetat nach Maßgabe des Rechts.
6.8
Zuständig für die Seelsorge in den auf dem Gebiet der Pfarrgemeinde liegenden Kliniken ist der mit der Leitung der Pfarrgemeinde beauftragte Geistliche. Wird eine Person zur Klinik- oder Krankenhausseelsorge vom Erzbischof beauftragt, so nimmt der mit der Leitung der örtlichen Pfarrgemeinde beauftragte Geistliche die Dienstaufsicht wahr.
Die Fachaufsicht wird von dem oder der zuständigen Diözesanbeauftragten wahrgenommen.
6.9
Zur Sicherung der Rahmenbedingungen in den Kliniken sind Verträge zwischen dem Träger der Klinik und dem Erzbistum anzustreben.